Laudatio von Frau Kristina Schlansky
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kunstfreunde!
Herrn Werner Georges habe ich vor einigen Jahren kennengelernt.
– Schon durch seine besondere Erscheinung wurde ich auf ihn aufmerksam, als er im Ehrenhof des Schlosses Mosigkau den vom Bürgerverein Mosigkau e.V. organisierten Buch- und Trödelmarkt zusammen mit anderen Vereinsmitgliedern betreut hatte. Etwas später beeindruckten mich seine frohfarbigen Kreidezeichnungen und Aquarelle, die regelmäßig im „Mosigkauer Boten“ des Bürgervereins Mosigkau e.V. abgedruckt wurden und einige auch einmal im Bürgerhaus „Alte Schäferei“ in Mosigkau zu sehen waren. Damals dachte ich nicht daran, dass ich nach einigen Mundartlesungen, bei denen ich im Bürgerhaus mitgewirkt hatte, gebeten würde, eine Geschichte für den Boten zu schreiben. Gerne kam ich der Bitte nach und schrieb – speziell als erste Geschichte für das Blatt „De lanke Jeschichte von unse Bürjerhaus“, die von Herrn Georges redaktionell betreut, nun in mehreren Fortsetzungen erschien.
Wir lernten uns in den folgenden Jahren durch diese gemeinsame Arbeit etwas näher kennen. Bei Gesprächen mit ihm über die alte Sprache, zu heimatlichen Bräuchen und zur Heimatgeschichte erfuhr ich, dass Werner Georges im unweit von Mosigkau gelegenen Dorf Reppichau geboren wurde.
Mit diesem Ort und seiner Geschichte war ich seit meiner Kindheit durch die Tätigkeit meines Vaters als Heimatforscher gut vertraut. Sehr oft besuchte ich mit ihm die Kirche dort und bewunderte den schönen Turm mit dem romanischen Zwillingsfenster in der Glockenstube, wo die Bauerglocke des
Eike von Repkow hängt.
Nun hatte ich einen „alten“ Einwohner Reppichaus ganz durch Zufall kennengelernt. Die landschaftlich schöne und geschichtsträchtige Gegend, in der Werner Georges aufwuchs, hat ihn schon als Kind zum Malen und Zeichnen angeregt, was sich später auf seinen beruflichen Werdegang auswirkte. Doch blieben das Zeichnen und Malen „nur teilweise“ im Beruf wirksam und sind bis heute sein geliebtes Hobby geblieben. Seine präzise Wahrnehmungsfähigkeit, das Sehen der Umwelt mit allen Sinnen und seine Fantasie haben ihm sehr beim Studium in Weimar an der Hochschule für Architektur und Bauwesen geholfen, so dass er erfolgreich und pünktlich nach vier Jahren seinen Abschluss als Architekt in der Tasche hatte.
Es folgten für ihn Jahre als Stadtplaner im Büro des Stadtarchitekten in Dessau. Die Jahre 1977 und 78 waren für Georges eine schöne, sehr anregende Arbeitszeit im Ausland, wo er in Thành phố Vinh in Vietnam als Stadtplaner arbeiten durfte. Die sooo andere Umgebung mit den hoch motivierten Menschen, die ihre in Trümmern liegende Stadt mit großem Eifer wieder aufbauten, die schöne Natur, das Exotische – das alles regte Werner Georges sehr an, so dass ihm die Zeit dort viel zu schnell verging. Die schönen ostasiatischen Eindrücke hat er in vielen dort entstandenen Arbeiten für die Erinnerung vor allem in Aquarelltechnik festgehalten. Wenn er heute davon erzählt, merkt man ihm an, wie lebhaft jetzt noch alles in ihm nachklingt…
Nach der Rückkehr von Ostasien folgten weitere Jahre im Büro des Stadtarchitekten in Dessau. –
Eine der kreativsten Phasen in seinem beruflichen Werdegang war die Zeit, in der er mit drei jungen und gleichgesinnten Kollegen als Architekt am bauhaus Dessau zusammenarbeitete. Die erfolgreiche Teilnahme an Architekturwettbewerben, die Durchführung von internationalen Symposien, vor allem aber die Erarbeitung und der Aufbau von Architektur-Ausstellungen sind Georges in besonders positiver Erinnerung geblieben!
Parallel zu allem beruflichen und natürlich familiären Geschehen: seine Heirat – Kinder—-Enkel –hat er immer wieder zum Stift, zur Kreide, zum Pinsel gegriffen, die beste Art der „aktiven“ Entspannung für ihn.
Es entstand eine Vielzahl von Arbeiten, die ich persönlich vor allem für ihre Vielfalt der Sujets und der Techniken bewundere. Dabei hat der sich selbst bescheiden als Autodidakten bezeichnende Werner Georges einem ihm eigenen starken Hang zum Experimentieren zunehmend nachgegeben…
Landschaften und Stillleben – für mich als Laienbetrachter – in zunächst freundlicher „ g e w o h n t e r“ Manier. Kreidezeichnungen und Aquarelle in schöner Heiterkeit erfreuen einem das Herz! Besonders lieb sind mir seine heimatlichen Motive. Zum Zeichnen und Aquarellieren im Freien wählt Georges manchmal Orte, die auch meine Lieblingsorte sind, weswegen ich sie sofort erkenne. Seine spätsommerlichen, herbstlichen Abbilder unserer schönen Umgebung erscheinen mir sehr lyrisch und mir fallen gefühlvolle Gedichte dazu ein wie dieses:
Theodor Fontane
Herbst
O du wunderschöner Herbst,
Wie du die Blätter golden färbst,
Deiner reinen Luft so klar und still,
Noch einmal ich mich freuen will.
Ich geh den Wald, den Weiher entlang;
Es schweigt das Leben, es schweigt Gesang,
Ich hemme den Schritt, ich hemme den Lauf
Erinnerungen ziehen herauf.
Erinnerungen sehen mich an,
Haben es wohl auch sonst getan.
Nur eins hält nicht mehr damit Schritt.
Lachende Zukunft geht nicht mehr mit.
Vergangenheit hält mich in ihrem Bann,
Vergangenheit hat mir’s angetan;
Den Blick in den Herbst, den hab ich frei,
Den Blick in den Herbst. –Aber der Mai?
Es gibt in Georges‘ Werk aber auch andere Landschaften, denn er experimentiert ja. Man kann sie einander gegenüberstellen. Die soeben beschriebenen, mir lyrisch erscheinenden Landschaften, bekommen durch eine Verwandlung plötzlich einen viel sachlicheren Charakter: sie sind sehr schön farbig, und die Pflanzen, Bäume, die Wolken am Himmel werden nun schematisiert, mit dickeren Konturen umrandet und erscheinen in neu definierten und vereinheitlichten Formen…
Das hat mich beeindruckt. Noch mehr tun es die kleinen „Quadrolinos“, die durch viele Schritte aus winzigen Strukturteilen, Farben und verfremdeten Fotos, durch mit Farbstiften und Filzstiften eingezeichneten Linien zu einem farbenfreudigen, hochlebendigen Gesamtwerk werden. Es gibt davon sehr viele Exemplare, aber jedes sucht seinesgleichen! Die Vielfalt an Formen und Farben und die dabei entstehende Plastizität ist genial!
Haben Sie es schon einmal versucht, einen eigenen Traum aufzuschreiben? Das ist zuweilen sehr schwer, denn Träume sind voller irrealer Informationen und Empfindungen.
Georges setzt seine Träume um in Formen und Farben auf Papier oder Leinwand mit Stift oder Kreide oder Pinsel…Fantastische Formen entstehen.
Sie sehen, unser Künstler Werner Georges hat mich begeistert und im Laufe der Zeit sehr für sein Schaffen eingenommen. Dass er sich dann noch für Vereinsarbeit engagiert und überdies Verständnis für die Mosigksche Mundart entwickelt hat…Ich sage nur: Wie macht er das und WANN?? Sie können ihn jetzt fragen. — Ich wünsche Werner Georges für sein weiteres Schaffen beste Gesundheit, immer so viel Schwung und nie versiegende Kraft für seine Kunst!
Dank an den Künstler, Dank den Organisatoren dieser Ausstellung!
Und Ihnen Dank fürs Zuhören! Viel Freude beim Betrachten!